Freizeitangebot für Kinder aus Flutgebieten
Jeden Morgen begrüßen sich die "Coolen Socken" mit einem Schlachtruf. Sie haben sich Geheimverstecke ausgedacht und ein eigenes Wappen für ihre Gruppe entworfen. "Es ist echt toll hier", sagt der elfjährige Malte über die Ferienfreizeit, die die Freiwilligendienste der Diakonie RWL in dieser Woche gestartet haben. "Alles ist grün und ruhig. Es ist nicht so staubig und laut wie bei uns mit all den Aufräumarbeiten."
Gemeinsam mit seinen vier Freunden aus Heimersheim im vom Hochwasser stark beschädigten Kreis Ahrweiler verbringt Malte eine Woche in der Jugendherberge "Haus Friede" im Ruhrort Hattingen. Sie haben sich zur Gruppe der "Coolen Socken" zusammengeschlossen. Auch die anderen zwanzig Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen acht und 16 Jahren durften "Geheimgruppen" gründen. Sie spielen Fußball und Kicker, klettern auf dem Spielplatz und gehen alle zusammen auf Schnitzeljagd, Schatzsuche oder tanzen auf ihrem "Bergfest".
In engem Kontakt mit den Eltern
Jeden Abend, so berichtet der zwölfjährige Julius, telefoniert er mit seiner Mutter. Ähnlich machen es auch seine Freunde. "Sie freut sich, dass es mir hier so gut geht", erzählt er. "Und gestern war sie selbst ganz froh, weil wir jetzt zuhause auch wieder Strom haben." Etwas Sorgen macht er sich um seine Schule, die "vielleicht ganz abgerissen wird". Dann müsse er wahrscheinlich nach Remagen. "Aber jetzt sind erstmal Ferien und da will ich gar nicht an die Schule denken", schiebt er hinterher.
Markus Krings koordiniert das Freizeitangebot - und freut sich, dass die Kinder hier gute Tage erleben
Abschalten, Spaß haben, zur Ruhe kommen – in den Ferienfreizeiten soll das Kindern und Jugendlichen aus den Hochwassergebieten den gesamten August über möglich gemacht werden. Fünf Bildungsreferentinnen und –referenten sowie zwei Freiwillige gestalten das erlebnispädagogische Programm. Die Freizeiten werden jeweils für eine Woche angeboten. Die Familien können ihre Kinder aber auch länger anmelden.
Viel Zeit für Gespräche - auch über den Alltag hier
Unbeschwerte Tage
"Den Kindern soll es hier gut gehen", betont Saskia Koll, Bildungsreferentin der Diakonie RWL. "Sie kommen aus Regionen, in denen sie miterleben mussten, wie die Wassermassen Häuser zerstört und das Leben von Freunden und Nachbarn gefährdet haben. Wir wollen ihnen ein paar unbeschwerte Ferientage geben." Dafür sorge ein abwechslungsreiches Programm, das aber auch genug Freiraum für eigene Spielideen und Ruhephasen lasse.
Die Erlebnisse in und nach den Stunden der Überflutung werden bewusst nicht zum Thema gemacht. "Aber wenn die Kinder und Jugendlichen darüber reden möchten, sind wir natürlich da und hören zu", erklärt die 30-jährige Sozialarbeiterin. Sollte das Team den Eindruck haben, dass mehr als ein Gespräch nötig ist, steht auch eine Traumatherapeutin aus der Diakonie RWL zur Verfügung.
FSJler Siavash Azimi hat eine Drohne mitgebracht. Paul hilft ihm gerne dabei, sie starten zu lassen.
Freiwillige setzen eigene Akzente
"Wir sind hier gut aufgestellt", sagt Markus Krings, der die Freizeiten als Kaufmännischer Teamleiter der Freiwilligendienste organisiert. "Unsere Mitarbeitenden bringen viel pädagogische Erfahrung mit und die Freiwilligen, die dabei sind, haben in ihren Einsatzstellen ebenfalls mit Kindern gearbeitet und setzen eigene, wertvolle Akzente."
Einer von ihnen ist Siavash Azimi. Er macht gerade ein FSJ in einer Evangelischen Förderschule in Dortmund. Der 19-Jährige, der im Alter von elf Jahren mit seiner Familie aus dem Iran nach Deutschland geflohen ist, begeistert die Kinder mit einer Drohne. "Ich mag Technik und alles, was sich bewegt", erklärt er. Nachdem er erzählt hat, dass er sich gerade auf eine Ausbildungsstelle zum Lokführer bewirbt, waren vor allem die Jungs fasziniert. "Ich hätte nicht gedacht, dass die Kinder so interessiert, aufgeschlossen und fröhlich sind", sagt er." Ich glaube, die Freizeit tut ihnen einfach gut."
Selbstbemalte Kisten
Freude auf das Abschiedsgeschenk
Heimweh habe es bisher nur einmal gegeben, berichtet Saskia Koll. Doch das sei nach Gesprächen mit den Eltern schnell verflogen. Schließlich wünschen auch sie sich, dass ihre Kinder rauskommen und eine gute Zeit haben. Aber eine Woche Ferienfreizeit reiche ihm, meint der zwölfjährige Moritz. Dann möchte er wieder zuhause bei seinen Eltern sein.
Auf die Rückfahrt im Reisebus, der ihn und die anderen Kinder und Jugendlichen wieder nach Bad Neuenahr und Rheinbach bringt, freut er sich. Denn mit im Gepäck wird er diesmal nicht nur eine selbst gebastelte Schatzkiste haben, sondern auch einen Fuß- oder Volleyball, den es als Abschiedsgeschenk für jeden Teilnehmenden der Freizeit gibt. "Es ist echt cool, wie viele Leute für uns gespendet haben", freut er sich.
Text: Sabine Damaschke, Fotos: Christian Carls