23. April 2024

Freiwilligendienste in Deutschland werden 60 Jahre alt

Diakonie RWL würdigt Engagement von Freiwilligen

Am 29. April wird das Freiwillige Soziale Jahr 60 Jahre alt. „Ein Erfolgsmodell, das die soziale Arbeit stärkt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt festigt“, sagt Mathias Schmitten, Leiter des Zentrums Freiwilligendienste der Diakonie RWL. Im Interview würdigt er das große Engagement der Freiwilligen für andere Menschen - und ihren politischen Einsatz für die Zukunft der Freiwilligendienste.

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Erfolgreiche Petition - und weiter Unsicherheit

In der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages am 18. Januar 2024 wurde der Haushaltsentwurf 2024 bestätigt. Darin wurden die für 2024 geplanten Kürzungen bei den Freiwilligendiensten zurückgenommen.
 
Den jungen Menschen, die in diesem Jahr einen Freiwilligendienst beginnen wollen, nützt das aber wenig. Denn die Finanzierung ab Januar 2025 ist nach wie vor offen.
 
Da Freiwilligendienste in der Regel 12 Monate dauern und sich viele Schulabgänger*innen im Juli/August für einen Freiwilligendienst entscheiden, kommen die Verträge in die Überjährigkeit. Der Bundeshaushalt orientiert sich jedoch am Kalenderjahr. Solange die Mittel für 2025 nicht gesichert sind, werden viele junge Menschen, die einen Freiwilligendienst machen wollen, im Herbst leer ausgehen.

Vor 60 Jahren, am 29. April 1964, wurde das Jugendfreiwilligendienstegesetz verabschiedet. Ein Grund zum Feiern?

60 Jahre Freiwilligendienste sind auf jeden Fall ein Grund zum Feiern. In dieser Zeit haben sich hunderttausende junge Menschen im Freiwilligendienst für andere Menschen engagiert. Ein herzliches Dankeschön an alle Freiwilligen und unsere Einsatzstellen

Welche gesellschaftlichen Impulse gehen davon aus?

In einer Zeit der Polarisierung zeigen Freiwilligendienste, wie Solidarität und Gemeinschaft gelebt werden können. Freiwilligendienste führen zurück zu dem, was im Kontakt zwischen Menschen selbstverständlich ist. Sie überwinden in der menschlichen Begegnung die Kluft zwischen Jung und Alt, zwischen Arm und Reich und zwischen Menschen unterschiedlicher politischer Prägung. Wenn junge Menschen sich um alte und kranke Menschen kümmern oder Menschen mit Behinderungen im Schulalltag begleiten, werden viele Streitthemen auf der Meinungsebene plötzlich viel unbedeutender. Und seit der Bundesfreiwilligendienst als neues Format hinzugekommen ist, haben auch lebensältere Menschen die Möglichkeit, sich in einem geregelten und gut begleiteten Rahmen zu engagieren. All das trägt dazu bei, den sozialen Zusammenhalt zu fördern und unsere Demokratie und Gesellschaft insgesamt voranzubringen.

Wie siehst du die Rolle der Freiwilligendienste bei der Förderung des interkulturellen Verständnisses, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Europawahlen?

Gerade im Vorfeld der Europawahlen erscheint mir dieser Beitrag der Freiwilligendienste besonders wichtig. Denn der europäische Gedanke ist auch durch die Freiwilligendienste immer weiter vorangetrieben worden. Heute leisten viele Menschen aus anderen europäischen Ländern einen Freiwilligendienst hier in Deutschland. Werte wie Solidarität, Gemeinschaft und interkultureller Austausch werden in den Freiwilligendiensten lebendig.

Postkarte: "Mein Freiwilligendienst zählt!" #Freiwilligendienststaerken #versprechenhalten #kuerztunsnichtweg

Aktionsmotiv, erstellt von Freiwilligen aus dem Delegiertenrat

Du beschreibst ein Erfolgsmodell. Gibt es auch Schattenseiten?

In einer Situation, in der die Finanzierung des Bundesfreiwilligendienstes immer wieder auf wackeligen Füßen steht, kommt der Förderung des Freiwilligen Sozialen Jahres eine noch größere Bedeutung zu. Denn die Förderung des FSJ ist Ländersache. In Nordrhein-Westfalen fehlt eine verlässliche Förderung der Freiwilligendienste. Viele Bundesländer engagieren sich hier deutlich stärker als – bislang – Nordrhein-Westfalen. Das gilt selbst für die wesentlich ärmeren Länder in unserem Verbandsgebiet, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Das Land NRW muss hier mehr tun.

Das Land NRW will sparen. Und du forderst neue Ausgaben?

Wir hatten eine unglaublich erfolgreiche Petition zur Stärkung der Freiwilligendienste auf Bundesebene, die vom Petitionsausschuss des Bundestages einstimmig mit höchstmöglicher Priorisierung an die Bundesregierung und die Ländervertretungen überwiesen wurde. Unter den Slogans #versprechenhalten oder #fwdstaerken setzen sich viele Freiwillige weiter für eine Stärkung der Freiwilligendienste ein. Das zeigt, dass junge Menschen politisch mitreden wollen. Das finde ich ein starkes Signal auch für unser demokratisches Gemeinwesen.

Gekürzte Fassung. Das vollsätndige Interview ist » hier auf den Webseiten der Diakonie RWL zu finden